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Morbus Menière: Ursachen, Verlauf & effektive Behandlung

Kurz und knapp

  • Morbus Menière ist eine seltene Erkrankung des Innenohrs, erstmals beschrieben von Prosper Menière.
  • Typische Symptome sind Drehschwindel, Hörverlust im Tieftonbereich, Tinnitus und Übelkeit.
  • Der Pathomechanismus beruht auf Flüssigkeitsstau (Hydrops) und erhöhtem Druck im Gleichgewichtsorgan.
  • Diagnose erfolgt über Test, Audiometrie und Ausschluss anderer Störungen wie Hörsturz.
  • Behandlung umfasst medikamentöse Mittel (z. B. Betahistin), intratympanale Gentamicin-Injektionen und vestibuläre Rehabilitation.

Was ist Morbus Menière?

Morbus Menière (auch Menière-Krankheit genannt) ist eine chronische Erkrankung des Innenohrs, die das Hör- und Gleichgewichtsorgan betrifft.

Betroffene Patienten erleben wiederkehrende Schwindelattacken, die oft mehrere Stunden andauern und von Schwerhörigkeit, Tinnitus und einem Druck im betroffenen Ohr begleitet sind.

Entdeckt wurde die Krankheit 1861 von Prosper Menière, der erstmals Ohrsymptome dem Innenohr zuordnete.

Häufigkeit und Risikogruppen von Morbus Menière

  • Weltweit liegt die Häufigkeit bei etwa 0,2 % der Bevölkerung
  • Männer und Frauen sind meist zwischen 40 und 60 Jahren betroffen.
  • Familiäre Häufung tritt in rund 10 % der Fälle auf.

Ursachen von Morbus Menière

Die Ursache der Menière-Krankheit ist vielschichtig und noch nicht abschließend geklärt. Folgende Faktoren werden diskutiert:

Ursache / Mechanismus
Beschreibung
Endolymphatischer Hydrops
Ein gestörter Abfluss der Endolymphe führt zu einem Flüssigkeitsstau im Innenohr. Der entstehende Überdruck dehnt die Membranen des häutigen Labyrinths und beeinträchtigt die Sinneszellen von Cochlea und Gleichgewichtsorgan. Mögliche Auslöser sind Fehlfunktionen des endolymphatischen Sacculus, verengte Ductus endolymphaticus oder mechanische Blockaden.
Vaskuläre und inflammatorische Mechanismen
Durchblutungsstörungen im Innenohr können die Mikrozirkulation der Endolymphe beeinträchtigen. Chronische Entzündungsprozesse, etwa im Rahmen von Autoimmunreaktionen, können die Membranen schädigen und den Hydrops verstärken.
Virale oder toxische Einflüsse
Ein früherer Virusbefall, zum Beispiel durch Herpes-simplex-Viren, kann zu Narbenbildung im Labyrinth und zu einem gestörten Flüssigkeitshaushalt führen. Ototoxische Medikamente oder chemische Gifte können zusätzlich das Gleichgewichtsorgan schädigen.
Genetische Prädisposition
Eine familiäre Häufung spricht für eine erbliche Komponente. Etwa 10 % der Betroffenen haben Verwandte ersten Grades mit einer ähnlichen Erkrankung. Genetische Varianten können den Aufbau der membranösen Strukturen oder den Elektrolyttransport beeinflussen.
Allergische und endokrine Faktoren
Allergien, etwa auf Nahrungsmittel oder Pollen, können über Immunreaktionen Veränderungen der Endolymphe auslösen. Hormonelle Schwankungen, beispielsweise im Östrogenspiegel, können den Flüssigkeitshaushalt zusätzlich modulieren.
Psychosozialer Einfluss
Stress und Angstzustände verschlimmern häufig die Symptome und können Schwindelattacken häufiger oder intensiver machen. Dabei spielt die Wechselwirkung zwischen vegetativem Nervensystem und Endolymph-Homöostase eine zentrale Rolle.

Differenzialdiagnose und Diagnostik

Bevor die Menière-Krankheit als Ursache feststeht, müssen andere Erkrankungen und Störungen sorgfältig ausgeschlossen werden:

  1. Anamnese & klinische Befunde
    • Ausführliche Erhebung der Beschwerden (Dauer, Häufigkeit der Attacken, Assoziation mit Übelkeit, Erbrechen, Drop Attacks)
    • Familienanamnese zur Abklärung hereditärer Faktoren
  2. Audiometrie
    • Reine-Ton- und Sprachaudiogramm zeigen typischerweise einen tiefenbetonten Hörverlust
    • Glycerol-Test oder Flüssigkeitsprovokation können vorübergehende Verbesserungen des Hörvermögens bei Hydrops nachweisen
  3. Vestibuläre Funktionstests
    • Kalorik (Wärmerekizitation) und Elektronystagmographie provozieren Nystagmus bei Ungleichgewicht
    • Vestibulär evozierte myogene Potentiale (VEMP) und Rotary-Chair-Test messen zentrale Kompensation
    • Video-Kopf-Impulstest (vHIT) zur Beurteilung des Vestibulo-okulären Reflexes
  4. Bildgebung
    • MRT mit speziellen Sequenzen (HYDROPS-MRT) kann den Flüssigkeitsstau darstellen
    • Ausschluss zentraler Läsionen (z. B. Neurinom, Schlaganfall)
  5. Laboruntersuchungen
    • Ausschluss von Entzündungen (Autoimmunmarker) oder Stoffwechselstörungen (Diabetes, Schilddrüse)
    • Allergietests bei Verdacht auf immunologische Ursachen
Wichtig: Nur wenn alle anderen möglichen Ursachen (z. B. Hörsturz, vestibuläre Migräne, neurologische bzw. internistische Erkrankungen) ausgeschlossen sind, kann eine definitive Diagnose Morbus Menière gestellt werden.

Symptome der Menière Krankheit

Die Menière-Krankheit macht sich vor allem durch wiederkehrende Schwindelattacken bemerkbar, die in ihrer Heftigkeit und Dauer variieren können.

Typischerweise treten plötzliche Phasen von anfallartigem Drehschwindel auf, die oft von Übelkeit, Erbrechen und Schweißausbrüchen begleitet werden.

Parallel dazu erleben viele Patienten eine Hörminderung, insbesondere im Tieftonbereich, sowie Tinnitus oder andere Ohrgeräusche im betroffenen Ohr.

In besonders schweren Fällen kommt es zu sogenannten Drop Attacks, bei denen Betroffene abrupt das Gleichgewicht verlieren und zu Boden stürzen.

Häufig berichten Erkrankte außerdem von einem anhaltenden Druckgefühl oder einem Völlegefühl im Innenohr, das zwischen den Attacken persistieren kann.

Um eine gesicherte Diagnose zu stellen, sind folgende Kriterien entscheidend: mindestens zwei Schwindelattacken von je mindestens 20 Minuten Dauer, ein nachgewiesener Hörverlust im Audiogramm und das Vorliegen von Ohrgeräuschen oder Druck im Ohr.

Wichtig ist zudem der Ausschluss anderer Erkrankungen wie Hörsturz, vestibuläre Migräne oder zentraler neurologischer Störungen.

Spezialisierte Tests – etwa eine Kalorikprüfung oder Elektronystagmographie – können helfen, einen Nystagmus zu provozieren und Hinweise auf einen Endolymphhydrops im Innenohr zu liefern.

Typische Symptome von Morbus Menière auf einen Blick:

  • Anfallartiger Drehschwindel (≥ 20 Minuten Dauer)
  • Schwerhörigkeit im Tieftonbereich
  • Tinnitus oder Ohrgeräusche
  • Übelkeit, Erbrechen und Schweißausbrüche
  • Drop Attacks mit plötzlichem Sturz
  • Druck- oder Völlegefühl im Innenohr
  • Verschlechterung des Hörvermögens zwischen den Attacken

Behandlungsmöglichkeiten der Menière Krankheit

Medikamentös

  • Betahistin gilt als das Wahl-Mittel, um die Mikrozirkulation im Innenohr zu verbessern und den Endolymphhydrops zu mildern. Betahistin wird meist in niedrigen Tagesdosen eingenommen und kann die Häufigkeit und Intensität von Drehschwindel reduzieren.
  • Diuretika (Entwässerungstabletten) zielen darauf ab, den Flüssigkeitsstau im Innenohr zu verringern. Durch eine leichte Erhöhung der Harnausscheidung sinkt der endolymphatische Druck, was Attacken vorbeugen kann.
  • Antiemetika werden bei akuten Übelkeits- und Erbrechens-Phasen verschrieben. Sie lindern vegetative Begleitsymptome der Schwindelanfälle und erleichtern Dir die Bewältigung einer Attacke.
  • Intratympanale Gentamicin-Injektionen ins Mittelohr haben einen teilselektiven destruktiven Effekt auf das Gleichgewichtsorgan. Durch kontrollierte Schädigung der vestibulären Haarsinneszellen lassen sich Schwindelattacken deutlich vermindern. Diese Methode erfordert jedoch eine sorgfältige Abwägung zwischen Erfolgsaussichten und Risiko eines zusätzlichen Hörverlustes.
  • Glukokortikoide (Kortisonpräparate) können ebenfalls intratympanal verabreicht werden, um entzündliche Prozesse zu hemmen und akute Schwindelschübe zu dämpfen. Sie sind eine Alternative, wenn Gentamicin kontraindiziert ist oder ein reversibler Ansatz gewünscht wird.

Chirurgische Optionen

Wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen und Anfälle weiterhin massiv einschränken, stehen mikrochirurgische Eingriffe zur Verfügung:

  • Mikrochirurgische Dekompression des Endolymph-Raums (Endolymphatische Sac-Dekompression) zielt darauf ab, den Abfluss der Endolymphe langfristig zu verbessern.
  • Labyrinthektomie oder Nervendurchtrennung (vestibuläre Neurektomie) werden nur in sehr schweren Fällen erwogen, wenn alle anderen Therapien versagen. Hierbei wird das Gleichgewichtsorgan bzw. der Gleichgewichtsnerv irreversibel außer Funktion gesetzt. Dies führt zwar zu einem dauerhaften Ausfall der vestibulären Funktion, beendet aber zuverlässig die Schwindelattacken.

Physiotherapie

Nach einem Schwindelanfall können Ärzte ein gezieltes Physiotherapie-Programm empfehlen, um die zentrale Kompensation anzustoßen und Deine Alltagsfähigkeit wiederherzustellen:

  • Cawthorne-Cooksey-Übungen: Diese Augen-, Kopf- und Körperbewegungsübungen helfen dem Gehirn, die Störung im Gleichgewichtsorgan auszugleichen. Sie beginnen hierbei liegend und stehen nach verschiedenen Übungen langsam auf
  • Balance-Training: Unter Anleitung eines Physiotherapeuten üben Sie Stehen auf instabilen Unterlagen, Koordinationsaufgaben und Gangübungen. Dadurch lernen Sie, das Gleichgewicht auch bei herausfordernden Bedingungen zu halten.
  • Schrittweises Belastungsaufbau: Von einfachen Positionswechseln bis zu komplexen Alltagsbewegungen—jeder Fortschritt unterstützt die Anpassung des vestibulären Systems.

Chancen der Physiotherapie:

  • Sie fördert die zentralen Kompensationsmechanismen, wodurch Schwindelgefühl und Unsicherheit im Alltag abnehmen.
  • Die regelmäßige Aktivität verhindert den Teufelskreis aus Bewegungsvermeidung und Muskelverspannungen.
  • Sie gewinnen an Erfahrung im Umgang mit Attacken und können Ihre Mobilität langfristig erhalten.
Durch die Kombination aus Medikamenten, gegebenenfalls chirurgischen Eingriffen und intensiver vestibulärer Rehabilitation lassen sich die Symptome der Menière-Krankheit oft deutlich lindern und die Lebensqualität nachhaltig verbessern.

Präventionstipps

Sie können aktiv dazu beitragen, die Häufigkeit Ihrer Schwindelattacken und Begleitsymptome wie Übelkeit oder Tinnitus zu senken, indem Sie im Alltag folgende Maßnahmen befolgen:

  • Reduzieren Sie Ihren Salzkonsum und halten Sie regelmäßige Mahlzeiten ein, um starke Schwindelattacken und Schwankungen im Innenohr zu vermeiden.
  • Führen Sie ein Tagebuch über Auslöser und Symptomen wie Tinnitus, Hörverlust oder Druck im betroffenen Ohr, um Muster zu erkennen.
  • Packen Sie für unterwegs Ihre Medikamente, eine Brechtüte, Ihr Handy und wichtige Notfallkontakte ein – so sind Sie auf jede Attacke vorbereitet.
  • Meiden Sie Stress, Alkohol und Nikotin, da diese den Flüssigkeitsstau im Innenohr verschlimmern und Attacken begünstigen.

Sie leiden unter Morbus Menière? - Wir können helfen

Wenn Sie an Schwindel oder ähnlichen Symptomen leiden, vereinbaren Sie einfach einen Termin und wir helfen Ihnen dabei, Ihre Symptome zu lindern.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rolle spielt die Ernährung?

Eine salzarme Ernährung hilft, den Flüssigkeitsstau im Innenohr zu verringern und kann so die Häufigkeit schwerer Attacken reduzieren. Regelmäßige Mahlzeiten stabilisieren den Stoffwechsel und beugen Druckschwankungen im Gleichgewichtsorgan vor. In Kombination mit einer ausgewogenen Flüssigkeitszufuhr unterstützt dies die Wirksamkeit von Diuretika und anderen Medikamenten.

Was tun bei einem akuten Anfall?

Bei einem Schwindelanfall setzen oder legen Sie sich sofort hin und vermeiden Sie plötzliche Bewegungen, um Drop Attacks und Stürze zu verhindern. Nehmen Sie frühzeitig Antiemetika, um Übelkeit und Erbrechen zu kontrollieren, und nutzen Sie bei Bedarf eine Brechtüte. Warten Sie in ruhiger Umgebung, bis die Attacke nachlässt, und dokumentieren Sie Dauer und Schwere des Schwindelanfalls für Ihre behandelnde Ärztin bzw. Ihren behandelnden Arzt.

Ist Morbus Menière heilbar?

Morbus Menière gilt als chronische Erkrankung, für die es derzeit keine kausale Heilung gibt. Die Therapie zielt darauf ab, die Häufigkeit und Intensität der Attacken zu reduzieren und Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen und Tinnitus zu lindern. Mit einer Kombination aus Medikamenten, minimalinvasiven Eingriffen und vestibulärer Rehabilitation kann die Lebensqualität langfristig verbessert werden.

Wie wird die Menière-Krankheit diagnostiziert?

Die Diagnose basiert auf einer ausführlichen Anamnese, in der Schwindelanfälle, Ohrgeräusche und Hörminderung erfasst werden, sowie auf einem Audiogramm, das den Hörverlust im Tieftonbereich nachweist. Ergänzend kommen funktionelle Testverfahren wie die Kalorik oder Elektronystagmographie zum Einsatz, um Nystagmus und Hydrops-Hinweise zu provizieren. In speziellen Fällen wird eine MRT durchgeführt, um den Flüssigkeitsstau im Innenohr direkt sichtbar zu machen.

Was ist Morbus Menière?

Morbus Menière ist eine Erkrankung des Innenohrs, bei der sich Flüssigkeit staut (Endolymphhydrops) und dadurch die Funktion von Cochlea und Gleichgewichtsorgan beeinträchtigt wird. Typische Symptome sind anfallartiger Drehschwindel, einseitiger Hörverlust im Tieftonbereich und Tinnitus. Die Ursache ist noch nicht vollständig geklärt, sie wird aber multifaktoriell gesehen, einschließlich genetischer Disposition und gestörtem Endolymphabfluss.

Fabian Palm
Praxenmanager
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